Bewegungspausen- Adventskalender

Liebe Freunde und Bewegungsinteressierte

Zwei mal war ich dieses Jahr auf dem Moléson. Ein toller Berg oberhalb von Gruyère mit einer atemerweiternden Aussicht!

Steht man dort oben, kann man nicht anders als sich mit dem weiten, freien Raum um sich herum zu verbinden. In Resonanz mit diesem wird die eigene Atmung ebenso: weit und frei! 😊Etwas Besonderes an diesem Berg finde ich, dass er zwei verschiedene Klettersteig-Routen hat. Bei unserer ersten Bergwanderung im Juli hatten mein Sohn und ich uns für die zwar etwas schwierigere, dafür aber im kühlen Schatten gelegene „Yin“ Route entschieden. An jenem heissen Juli-Tag war das eine sehr gute Wahl gewesen. Mitte September war die Wetterlage schon deutlich frischer. Da kam uns die sonnenbeschienene „Yang“ Route sehr gelegen. Ganz unerwartet sind wir auf halbem Wege nach oben bereits dem ersten Schnee begegnet.

Eine ganz andere Art von „saisonaler Überraschung“ wurde mir erst vor ein paar Tagen zuteil, als ich spätabends auf meinem Nachhauseweg durch die Badener Altstadt lief. Tatsächlich schmückte da schon die Weihnachtsbeleuchtung die Weite Gasse. „Ist das nicht etwas zu früh? Ist ja immer noch Oktober,“ wunderte ich mich.

Meine Gedanken schweiften aber  bald wieder ab zu einem Arbeitsprojekt, bei dem ich in den letzten Wochen mehr Stunden sitzend vor dem Bildschirm verbracht habe, als es mir lieb war. Ohne regelmässige Bewegungspausen wäre ich da nicht weit gekommen. Und da kam mir der Gedanke, wie sinnvoll es doch wäre, Bewegungspausen mit der Adventszeit zu verbinden … und tadaa!!! die Idee des „Bewegungspausen-Adventskalenders“ wurde geboren! 😊 Und das ist der Plan:

1. Ich werde für jeden Adventstag ein kleines „Bewegungspausen-Video“ mit Übungen aus dem Taiji, Qigong und darüber hinaus vorbereiten.

2. Alle, die gerne für jeden Adventstag einen anregenden Bewegungs-Impuls erhalten möchten, können mir eine Email an info@space2be.ch senden und ihr kriegt dann für jeden Tag einen Video-Link einer neuen Bewegungspause zugeschickt.

3. Und wenn ihr eigene Wünsche für die Bewegungspausen anbringen möchtet, wie z.B. „lockernde Übungen für die Schultern“, nehme ich diese gerne auf und setzte sie dann so gut ich kann in meinen Videos um.

4. Wenn ihr wollt, könnt ihr diesen Newsletter gerne auch in eurem Umfeld streuen, denn Bewegungspausen, die sind einfach für alle gut! 😊

Eine ganz gute, gesunde und bewegungsfrohe Herbst- und Winterzeit, das wünsche ich euch von Herzen!

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Mit Taiji zu Berge

Sehr unbeständig war das Wetter in der letzten Zeit. Doch ja, wenn der ständige Wandel zur Konstante wird, tun wir wohl gut daran, uns in Anpassungsfähigkeit zu üben und umso mehr – wie es so schön heisst -„die Feste zu feiern, wie sie fallen“. 😊

Letzte Woche gab es zwei regenfreie Tage, an denen ich zum Klettern in die Berge ging. Klettern? Kein Taiji ?!? … Naja, man kann auch Taiji-mässig klettern. Das geht dann halt entsprechend etwas langsamer 😁  Es ist wirklich ein sehr schönes und verbindendes Gefühl, wenn man sich Zeit lässt, um die Umgebung und das Gelände in Ruhe einfach mal wahrzunehmen. Je entspannter umso umfassender. Noch bevor der Fels berührt wird, können schon ganz viele Möglichkeiten für Griffe und Tritte, aber auch Stützflächen und Freiräume erfasst werden, die einem das Gestein anbietet … und mal abgesehen aller Funktionalität ist es doch auch einfach ergreifend die unglaubliche Schönheit und Gestaltungskraft der Natur zu bestaunen!

Zurück zur Funktionalität: nicht jedes Angebot hält was es verspricht. Letzte Woche war ich zum ersten Mal auf dem Speer, dem höchsten Nagelfluh-Berg im Kanton St. Gallen. Gerade nach dem vielen Regen der letzten Tage haben sich beim Zugreifen nicht selten ganze Steine aus den Konglomeratsverdichtungen zu lösen begonnen. So entstand eine Art achtsamer, kinästethisch-taktiler Dialog mit dem Berg. Immer klarer gab mir dieser zu verstehen, welche Verbindungen gut und sicher sind und welche nicht. Meistens gelang es mir meine Hände und Arme und vor allem auch meinen Schwerpunkt so zu positionieren, dass ich mich vom Berg getragen, ja sogar hochgestützt fühlte. Nur hie und da musste ich mich an einer sicheren Stelle auch mal hochziehen.

Auch beim Taiji geht es darum, seine Mitte entsprechend den Gegebenheiten entspannt und stabil auszurichten und sich dabei möglichst gut mit der tragenden Stützkraft der Erde zu verbinden. Das Schöne beim Klettern finde ich, dass immer wieder auch knifflige Stellen kommen, an denen ich hmm … erst einmal nicht weiter weiss. Doch wenn ich mir dann Zeit lasse, um mich im Gelände besser zu orientieren und auch bei mir selbst da und dort kleine äussere und innere Ajustierungen in meiner Position vornehme, dann gelingt mir meistens auch der nächste Schritt. Immer wieder staune ich, wie achtsames Entschleunigen dem weiteren Fortschritt dienlich ist.
„Langsam ist schnell,“ wussten schon die alten Taiji Meister 😊

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Einschränkungen bewegen

Neulich war ich in Berlin an einem Weiterbildungsseminar zum Thema ‚Grundlagen der Bewegung‘. Um bereits etwas bewegt und aufgewärmt am Seminarort anzukommen, hatte ich beschlossen auf Tram und S-Bahn zu verzichten und den von meiner Unterkunft aus zweistündigen Fussweg zu nehmen. Nun hatte ich im Ausland keine Internet-Daten auf meinem Handy und so prägte ich mir im Vorfeld einige wichtige Orientierungspunkte wie zum Beispiel ‚Schloss Köpenick‘, ‚Pablo Neruda Strasse‘, ‚Salvador Allende Brücke‘ und ‚Müggelspree‘ ein, damit ich auch ohne ‚google-maps‘ mein Ziel erreichen konnte. Das war dann schon ein kleines Abenteuer, diese für mich zunächst noch ziemlich abstrakten Ortsbezeichnungen dann in Echt zu finden und ganz konkret zu erleben. Ich fand das so eine tolle Erfahrung, dass ich diese Route an jenem Wochenende gleich dreimal wiederholte! Jedesmal gab es etwas Neues zu entdecken. Zum Beispiel die asiatische Statue vor dem Schloss Köpenick, die mit einem Kind auf dem Rücken tapfer einer ungewissen Zukunft entgegenblickte …

… oder die herrlich durftende und wunderschön blühende Wildkirsche entlang des Waldweges, den man aber nur dann entdecken konnte, wenn man sich nicht an die Wegempfehlung über die Salvador Allende Brücke hielt 😉

… und dann das schlichte, in sich ruhende Holzhaus inmitten der Müggelspree … um nur ein paar der Eindrücke entlang meines Fussweges zu nennen.

Und so dachte ich dann bei mir: „Ja, mit ‚google maps‘ weiss ich über den Weg Bescheid, aber ortskundiger und bewanderter werde ich erst dann, wenn ich ihn selber gehe. Und je öfter, umso mehr.“

Spannend fand ich auch festzustellen, wie das Fehlen der heute so selbstverständlichen elektronischen Hilfsmittel eine starke Anregung sein kann um seine Merk- und Orientierungsfähigkeit im äusseren Raum zu trainieren. Ich habe mich dann gefragt, ob auch die Orientierungsfähigkeit im Innenraum, also im eigenen Körper, ebenfalls von einer Reduktion von äusseren Hilfestellungen profitieren kann. Da musste ich an meinen ersten Taiji-Lehrer in China, Lehrer Chen, denken, der mir jede neue Taiji Bewegung von sich aus nur zweimal zeigte. Hatte ich ihn nach einer dritten Wiederholung  gefragt, so zog er ein mürrisches Gesicht, murmelte grummlig etwas auf Chinesisch, und gab mir unmisserverständlich zu verstehen, dass dies nun aber die allerletzte Wiederholung sei. Nach dieser setzte er sich zur Seite auf die Bank, schlürfte seinen Tee und liess mich dann, so gut ich eben konnte, alleine mit der neuen Bewegung zurecht kommen. „Eine spezielle Form der Didaktik“, fand ich das damals. Jetzt erkenne ich den Wert dieser ‚Einschränkung‘. Sie kann einen dazu veranlassen, sich von Anfang an hochkonzentriert mit einer neuen Bewegungsabfolge zu befassen, um sie sich möglichst schnell zu merken und durch das wiederholte Üben zu verinnerlichen. Auf diese Weise kann nach kurzer Zeit schon eine Art ‚innere Landkarte‘ über die neuen Bewegungspfade entstehen, welche Auskunft darüber gibt, wann sich was, wo und wie bewegt. Doch auch hier gilt: „the map is not the territory.“ Um eine Bewegung wirklich zu erleben und in dieser immer wieder neue Facetten entdecken zu können, muss man sie auch machen. Einschränkende Umstände können uns am Ausführen und Erleben einer Bewegung hindern. Sie können uns aber ebenso auch ganz unverhofft zu neuen Bewegungserfahrungen verhelfen.

Ein Beispiel: In den letzten Wochen hatte es oft geregnet. Die Taiji-Morgenstunden im Freien fanden trotzdem statt. Einen kleinen, trockenen Unterstand bot uns eine nahegelegene Brücke. Viel zu klein war unser neuer Trainingsplatz für das Üben der regulären 37er Taiji-Form … und so zeigte ich den Teilnehmenden die ‚jail form‘ Variante, für die es nicht mehr als 1m2 pro Person bedurfte 🙂

Was ist der Nutzen davon? Nun, es gäbe da einige bewegungspraktische Vorzüge dieser verdichteten Ausführungsweise der Taiji-Form zu nennen. Meines Erachtens liegt jedoch ein besonders grosser Wert darin, dass man durch diese Art von Training einen kreativen Zugang zu neuen Bewegungserfahrungen finden kann … nicht trotz, sondern eben gerade dank der zunächst als einschränkend empfundenen Bedingungen! Natürlich hat das nur im Taiji seine Gültigkeit 😉   Diesen ‚constraints led approach‚, wie er in Fachkreisen auch genannt wird, halte ich wohlgemerkt in allen Ehren, freue mich aber ebenso, wenn nicht sogar noch mehr, auf die sonnigen Frühlingstage mit ganz viel Raum für gesundes und freudvolles Bewegen! Und genau das wünsche ich euch auch:

Bei jeder Wetterlage und in welcher Form auch immer – viel Freude am Bewegen!

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Taiji wind- und wetterfest

Immer kürzer werden die Tage und bald schon beginnt der letzte Monat des Jahres. Früh am Morgen ist es dunkel, kalt und oft auch nass. Da kann es manchmal schon etwas Überwindung brauchen um raus an die frische Luft zu gehen. Doch es lohnt sich! Nicht selten wird man Zeuge von ungeahnt schönen Morgenstimmungen wie jener auf dem Mülimatt-Steg über der Aare auf dem Bild unten.

Das Blatt gesprenkelt mit kleinen und grossen Regentropfen erinnert mich an den sehr lieb gewonnenen Taiji Trainingsplatz im Geissenschachen gleich hinter der Aareinsel. Genau so wie all die vielen Wasserperlen ihren Platz auf ein und demselben Blatt finden, genau so kommen auch im Geissenschachen eine Vielfalt von einzigartigen Leuten zusammen. Jede Wasserperle bringt die Blattfläche unter ihr wie eine Lupe hell und gross zum Vorschein. Ebenso bereichert auch jeder Besucher der Taiji Morgenstunde den gemeinsamen Trainingsort mit seinem eigenen Zugang und eigenem Standpunkt zu dieser facettenreichen Bewegungsform. Jeder findet etwas für sich sehr wertvolles darin, dem selbst Wind und Wetter nichts anhaben können!

Neulich im Gespräch mit einer Kursteilnehmerin offenbarte sie mir: „Weisst du, durch Taiji habe ich meinen eigenen Körper mehr lieben gelernt …“ Wow! Was für eine wunderschöne Veränderung! Ob das jetzt durch Taiji, Qigong oder durch eine andere Form von wohltuender Bewegungserfahrung geschieht – sich noch besser und liebevoller mit dem eigenen Körper und seiner Kraft verbunden zu fühlen, das kann ich allen nur von Herzen wünschen!

Die Affen zurückstossen„, so der Name, der auf dem obigen Bild dargestellten Bewegungssequenz. Es ist der einzige Abschnitt in der ganzen Taiji Form, in welchem man sich achtsamen Schrittes nach Hinten bewegt. Tja, Manchmal muss man eben besonders langsam rückwärts laufen um besonders schnell vorwärts zu kommen. Alle, die das Buch „Momo“ von Michael Ende gelesen haben, wissen das … und alle, die Taiji machen, können das! Beides finde ich sehr empfehlenswert 🙂

Euch allen eine ganz gute, gesunde und bewegungsfrohe Winterzeit!

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„An den Ufern des Rheins“ – Tuishou im Dreiländer-Eck

Jedes Jahr findet ein Internationales Tuishou Treffen im Dreiländer-Eck statt, wobei das Durchführungsland von Mal zu Mal wechselt. Letztes Jahr wurde es in der Schweiz von Markus Hauser in Aarau organisiert. Dieses Jahr waren die Teilnehmenden bei Elizabeth Saetia aus Mulhouse im Elsäsischen Wittelsheim zu Gast. Und für das nächste Jahr hat sich Eva Seiter aus Freiburg im Breisgau für die Weiterführung dieses tollen Anlasses gemeldet. Nicht nur die Ufer des Rheins, sondern auch die Taiji Partnerübungen, das Tuishou, verbindet die drei Länder miteinander. Und diese Verbundenheit war beim letzten Treffen neulich in Wittelsheim besonders eindrücklich spürbar gewesen. Als Gastlehrer durfte ich dort mitwirken und hatte dabei die Freude seit langem wieder mal mein Französisch aufzufrischen, um die Übungen in dieser schönen Sprache anzuleiten. Nebst je einer Workshop-Einheit am Vor- und Nachmittag gab es viel Gelegenheit zum gemeinsamen Üben und freundschaftlichen Austauschen. Ich freue mich jetzt schon auf’s nächste Mal in Freiburg! 🙂

Hier noch ein paar Impressionen vom diesjährigen Treffen in Wittelsheim. An dieser Stelle noch ein herzliches Dankeschön an Elizabeth für ihre tolle Organisation sowie auch ihre untenstehenden Fotos zum Anlass.

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Taiji Langstock – eine sinnvolle Bewusstseinserweiterung

Letztes Wochenende fand in Brugg, im schönen Geisseschache an der Aare, ein Seminar zum Taiji Langstock statt. Wir hatten Wetterglück und fanden im Schatten der Bäume einen sehr angenehmen und geräumigen Trainingsplatz.

Beim Training mit dem Langstock ist der Raum sehr wichtig, denn durch den Langstock werden unsere Bewegungen in den Raum hinaus verlängert und vergrössert. Ob und wie wir uns aus unserer Mitte heraus bewegen, kann so noch deutlicher nach Aussen sichtbar und nach Innen erlebbar gemacht werden. Auch unser Interaktionsradius wird durch den Langstock um einiges grössser. Der Langstock, der von der Erde bis zu den Augenbrauen reicht, schafft eine Brücke über die wir von innen nach aussen rausreichen und in Kontakt treten können (= Yang-Qualität), sowie auch für das empfangende Aufnehmen von aussen nach innen (= Yin-Qualität). Damit diese Qualitäten über den Langstock klar erlebt werden können, braucht es eine gute Verbindung zu diesem. Und da kommen die Hände ins Spiel. Das mag auf den ersten Blick vielleicht etwas trivial erscheinen. „Klar bin ich über die Hände mit dem Stock verbunden, sind es doch meine Hände, die ihn halten,“ könnte man sich da denken. Doch um diese Verbindung zum, durch und über den Langstock hinaus zu begreifen und dessen Trageite zu erfassen, reicht das Denken alleine nicht aus. Da sind Bewegungserfahrungen gefragt, die unsere Sinne möglichst vielseitig anregen. Durch solche „sinn-volle“ Bewegungserfahrungen können wir unseren äusseren und inneren Raum bewusster erleben. Und genau das kann uns das Training mit dem Langstock schenken. Dieser hat seine eigene Form, sein eigenes Gewicht, seinen eigenen Schwerpunkt, den wir in Stille und Dynamik nicht nur mit unseren Händen wahrnehmen, sondern über unsere Hände verbunden möglichst durch unserem ganzen Körper erleben können. So gesehen gibt es mit dem Langstock eigentlich keine Solo-Übungen. Der Stock selbst wird zum Trainingspartner, den wir sinnvoll wahrnehmen und mit dem wir uns in Stille und Bewegung ebenso sinnvoll verbinden können. So ein neugieriges, ausprobierendes Erkunden des Langstockes kann spielerisch zu einem ergonomischeren, ausbalancierteren Umgang mit dem Stock und darüber hinaus auch mit uns selbst führen. Eine sehr gute Grundlage um kraftvoll-präsent (= Yang-Qualität) und zugleich auch feinsinnig-wahrnehmend (= Yin-Qualität) mit anderen Übenden in Interaktion zu treten.

Ich fühle mich richtig beschenkt, dass ich letztes Wochenende die Facettenvielfalt im Langstock Training zusammen mit so einer tollen Seminargruppe immer wieder von Neuem erleben und teilen konnte. Und besonders schön fand ich, wie jeder / jede der Teilnehmenden mit seinem / ihrem eigenen Wesen zu dieser bereichernden Interaktionsvielfalt beigetragen hat. Ganz herzlichen Dank euch allen!

 

Und hier noch ein paar Rückmeldung zum Seminar von den Teilnehmenden selbst 🙂

„Lieber Marko, ich habe SIE, die Form, in Zeitlupe und teilweise holprig aber so, dass
ich sie üben und füllen kann. Vielleicht „backen“ wir mit Robert daraus sogar den Kuchen. Danke Dir für dieses neue Taiji-Abenteuer mit Stock, für das wirklich dichte Wochenende, die bunten 😉 Impulse auf vielen Ebenen und das Teilen und Vermitteln deiner Leidenschaft. Es wirkt irgendwie ansteckend. Mein Besenstiel freut sich auf den neuen Tanz im Raum und ich auch.

„Hallo Marko, VIELEN DANK! Auch dieses Wochenende war sehr intensiv. Obwohl ich noch sehr unsicher in der Partnerarbeit bin, habe ich den Eindruck, dass wir sehr, sehr viel erlebt und gelernt haben. Erstaunlich wie weit wir gekommen sind!

„Lieber Marko, anbei das Foto vom heutigen Langstock-Seminar…
Danke für deine unglaubliche Geduld!“

„Lieber Marko. Ich danke dir ganz herzlich für die Links. Das Wochenende war sehr toll und ich werde die Gelegenheit nutzen um am Montag mit euch zu trainieren. Wünsche dir einen wunderschönen Tag!“

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Erstes offenes Tuishou Treffen im neuen Bewegungsraum

Letzten Sonntag hatte ich die Freude ein erstes offenes Tuishou Trainings-Treffen in meinem neuen Bewegungsraum in Wettingen anzubieten. „Offen“ ist so zu verstehen, dass sowohl Anfänger wie auch Fortschreitende zu einem stil- und schulübergreifenden, freundschaftlichen Trainings-Austausch willkommen sind. Eine tolle Gelegenheit um neue Trainings-Erfahrungen zu sammeln und dabei auch selbst zur Interaktionsvielfalt beizutragen 🙂

Doch worum geht es beim Tuishou eigentlich? Tuishou steht für sinnesschulende Taiji-Partnerübungen, durch welche die Wahrnehmung der eigenen Balance, wie auch jener des Trainingspartners verfeinert wird. Über achtsam fühlende Hände ist man miteinander in Kontakt und lotet spielerisch den gemeinsamen Bewegungsraum aus. Dabei ruhig und entspannt mit seiner eigenen Mitte verbunden zu bleiben, ist da manchmal gar nicht so leicht. Doch genau dieser Tanz am Rande der Komfort-Zohne lässt diese mit der Zeit immer grösser werden. Mehr Erdung und Standfestigkeit, mehr Lockerheit und Flexibilität, mehr Zentrierung und Klarheit über die eigene Körperausrichtung, mehr Entspannung und Gelassenheit sind die Früchte, welche ein regelmässiges Tuishou-Training einem nach und nach bescheren kann. Aber das Wichtigste ist die Freude an der Bewegung und diese mit anderen gemeinsam zu teilen 🙂

Letzten Sonntag kamen Tuishou-Übende aus Wettingen, Aarau, Rikon, Chur, Luzern, Basel, Fribourg, Vevey und Martigny zu einem anregenden und freudvollen Übungstreffen zusammen. Herzlichen Dank an alle Teilnehmende für euer präsentes Dasein! Ich freue mich jetzt schon auf die nächsten Tuishou-Übungstreffen!*
Und für alle, die an einem regelmässigen Tuishou-Training interessiert sind: Nach der Sommerpause finden wieder ab dem 7. August montagmorgens in Brugg an der Aare von 7:00 bis 8:00 Uhr und donnerstagabends im Bewegungsraum in Wettingen von 20:30 bis 21:30 Uhr Tuishou-Stunden statt. Meldet euch einfach unter info@space2be.ch

* Kommende Tuishou-Treffen in Wettingen:
–  Sonntag, 10. September von 10:00 – 15:00 Uhr
–  Sonntag, 26. November von 10:00 – 15:00 Uhr

* weitere Tuishou-Trainingstreffen in der Schweiz:
https://push-hands.com/

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Qigong – von KISS über Japan rund um die Welt!

Ende März hatte ich die Freude beim wöchentlichen Kafi-Treff der KISS-Genossenschaft Baden einen Vortrag über Qigong zu geben – natürlich verbunden mit praktischen Übungen zum Mitmachen.  „KISS“ steht für „keep it small and simple“. Die Genossenschaft, die diesen Namen trägt, macht sich stark für Nachbarschaftshilfe für Jung und Alt in der Region Baden. Von meiner Zeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Uni war ich es mir gewohnt Fachreferate zu geben. Aber diesmal entschied ich mich ganz ohne Powerpoint-Präsentation und Zitate aus der Forschungsliteratur über Qigong und Taiji zu berichten und zwar aus meinem eigenen Leben heraus. Wie ich als Jugendlicher den Zugang zu diesen Bewegungskünsten fand, was mich an ihnen so faszinierte und motivierte, mich vertiefender mit ihnen zu befassen, nach China und in andere Länder zu reisen und Erfahrungen bei verschiedenen Lehrern zu sammeln. Ich fand es spannend durch diese Rückschau festzustellen, wie sich meine Schwerpunkte und meine eigene Übungspraxis über die Jahre hinweg veränderten und was der rote Faden ist, der durch alle meine Entwicklungstationen gewoben ist: Die Freude an der Bewegung. Darüber könnte ich jetzt viel schreiben, habe mich dann aber auch beim Refereat dafür entschieden, dies durch spielerische Qigong-Übungen die Anwesenden selbst erleben zu lassen. Das war eine gute Idee 🙂

Die letzten zwei Wochen war ich zusammen mit meinem Sohn in Japan auf Reisen. Ein eindrückliches und sehr facettenreiches Land! Wir hatten eine ganz gute Zeit mit meist sehr gutem Wetter, immer köstlicher Verpflegung und vielen wunderschönen Aufenthalten in der Natur! Meine täglichen Morgenübungen habe ich auch in Japan weitergeführt und mit Video-Aufnahmen protokolliert. Wer gerne mal einen Blick reinwerfen und dabei vielleicht gleich auch mitmachen möchte, wird auf meinem Youtube Kanal fündig. Viel Spass! 🙂

Zu guter Letzt möchte ich noch auf den kommenden Samstag, den 29. April 2023 hinweisen. Wie jedes Jahr findet am letzten Samstag im April-Monat der „Welt Taiji und Qigong Tag“ statt. An diesem Tag werden in vielen Städten rund um die Welt öffentliche Taiji und Qigong Trainings zum freien Üben und Mitmachen angeboten. Auch dieses Jahr werde ich wieder beim Trainingstreffen der Schweizerischen Gesellschaft für Qigong und Taijiquan (SGQT) teilnehmen und heisse alle, die mitdabei sein möchten ganz herzlich willkommen! Ab 11 bis 14 Uhr wird in Zürich am Utoquai beim Platz vor der Seebadi geübt und ausgetauscht. Weitere Infos zu diesem tollen Anlass sind hier zu finden.

Herzliche Grüsse und einen schönen Frühling mit ganz viel Bewegungsfreude!

 

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Entschleunigung

Zum Jahresausklang möchte ich noch ein Erlebnis zum Thema „Entschleunigung“ mit euch teilen. Letzten Samstagnachmittag hatte ich meinen ersten Einsatz als Helfer beim Stand vom Badener Kerzenziehen. Das war eine ziemlich aktivierende Erfahrung. Bisher war das Kerzenziehen für mich immer etwas sehr Ruhiges und Besinnliches. Umso kontrastreicher empfand ich den Perspektivenwechsel vom Gast am Wachstopf zum Allrounder hinter dem Schneidetisch. Den blauen Schurz einmal angezogen, war es mit ‚Ruhe und Besinnlichkeit‘ schnell mal zu Ende. Gross und Klein warteten in einer langen Schlage. Ihre fertig gezogenen Wachskerzen mussten ja noch zugeschnitten, gewogen, verpackt und bezahlt werden. Da kam eine grosse, dicke Kerze, die in vier kleine Kerzen gestückelt werden musste, eine davon soll noch spiralig verziert werden, während auf eine andere noch ein kleiner Schneemann aus Bienenwachs draufkommen soll … So viele verschiedene Wünsche … und dann schaute mich da ein kleiner Junge mit wachen Augen an und sagte: „Aber uf dere Cherze häsch im Fall kän goldige Chläber drufg’kläbt …“ Ach ja, genau … auf jede Kerze gehört ja noch die goldene Klebe-Etikette „von Hand gezogen“ drauf! So war ich in dieser Flut an Sinneseindrücken ganz schön ins Schwimmen gekommen. Doch nach einer Weile fiel mir auf, dass sich meine Aufmerksamkeit immer mehr nur auf die eine Kerze, die ich in dem Augenblick gerade vor mir hatte, bündelte. Alles andere verschwamm zu einem weichen Hintergrundrauschen. Und inmitten des Gewusels und Gestürms kam es völlig unerwartet wieder zu mir: das schöne, friedvolle Gefühl einer zeitlosen Ruhe mit einer vollen, von Moment zu Moment überfliessenden Aufmerksamkeit. Was so alles passieren kann, wenn man sich nur auf eine Sache aufs Mal besinnt?! 🙂

Eine ganz schöne Aventszeit, friedliche Feiertage und einen guten und gesunden Winter euch allen!

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Freude am Bewegen!

Nach den vielen Sonnentagen im August hat uns der Septembermonat schon mit einigen Regengüssen ganz schön erfrischt. Sehr erquickend war für mich auch eine neuliche Bewegungserfahrung im Badener Kurpark. Das Tanzkollektiv PR·SMA hat ihre Bewegungskunst rund um das Kurtheater herum zum Besten gegeben – und zwar nicht nur zum Zuschauen, sondern auch zum Mitmachen! Während mehreren Wochen vor der Erstaufführung ihres Werkes „Poems From Inner Space“ trainierten die Tänzer:innen täglich gut sieben Stunden. Einige dieser Trainingsstunden auf der Kurpark-Wiese waren öffentlich. Alle die Lust hatten, konnten einfach mitmachen – ganz im Sinne eines „public warm-up’s“. Natürlich liess ich mir diese Gelegenheit nicht entgehen! Mit lockernden, dehnenden Körperbewegungs- und -wahrnehmungsübungen ging es los, wobei die Umgebung stets miteinbezogen wurde. So gaben Elena Morena Weber und Lucas del Rio Estévez, die beiden Choreographen des Tanzensembles, ob mit Worten oder Gegenständen, immer wieder erfrischend belebende Bewegungsanregungen in die Gruppe hinein, wie zum Beispiel „give the earth a gentle massage with your feet“, oder „soak the dew from the gras up through your body like a thirsty sponge“. Bald weitete sich das Interaktionsspektrum über das organische Verbinden mit der Umgebung spielerisch auch auf die Teilnehmenden der Trainingsgruppe untereinander aus. Was geschieht, wenn der Freiraum zwischen zwei Menschen zu einem magischen Durchgangstor für einen dritten wird? ” 一动全动 ” = „Yī dòng quán dòng“ = „Bewegt sich etwas, so kommt alles in Bewegung“, würden wohl die alten Taiji Meister dazu sagen. Was braucht es um eine Bewegung in der Gruppe anzuführen? Was, um sie zum Stillstand zu bringen? Wieviel an Zug- und Druckkraft ist für ein kollektiv dynamisches „Zusammen-halten“ stimmig? Und wenn dann mal ein Ball – oder auch zwei oder auch drei – ins Rollen kommen, was braucht es da alles, damit der Bewegungsfluss sich stetig weiterentfaltet und nicht versiegt? … Toll fand ich, dass die Antworten auf diese spannenden Fragen nicht über eine intellektuelle Denkleistung erörtert wurden. Nein, vielmehr wurden sie an Ort und Stelle gemeinsam mit allen Beteiligten vorzu durch Bewegung kreiert und erlebt! In jedem Fall war das eine unglaublich schöne und freudvolle Bewegungserfahrung, für die ich sehr dankbar bin 🙂

Sehr gut gefallen haben mir auch die abschliessenden Qigong Übungen. Im Austausch mit Lucas meinte er, dass beim Tanz die Aufmerksamkeit oft stark auf die Bewegungswirkung im Aussen gerichtet sei, und dass das Bewegungserleben im Innern verhältnismässig eher weniger beachtet werde. Qigong Übungen seien da ein wertvoller Ausgleich, ein Nähren des Inneren, des Yīn (阴), was dann wiederum dem Ausdruck nach Aussen, dem Yáng (阳) noch mehr Kraft verleiht. Dem konnte ich nur zustimmen. Umgekehrt habe ich jedoch auch für mich realisiert, dass ein zu starkes Gewichten der inneren Kultivierung bei einem Mangel an äusseren Entfaltungsräumen ebenfalls sehr einschränkend sein kann, und dass solche spielerisch-kreativen Interaktionsübungen in einer Gruppe von bewegungs- und begegnungsfreudigen Menschen einen wunderschönen, herzöffnenden (开心 = kāi xīn = das Herz öffnen = freudig / freudvoll) Entfaltungsraum für die innere Arbeit (内功 = nèi gōng) bilden können.

Mein Eindruck war, dass die Tänzer im Rahmen dieses Projektes gute 80% ihres Trainings zusammen in der Gruppe hatten und nur geschätzte 20% Solo-Trainingszeit war. Bei mir ist es eher umgekehrt: Die meiste Zeit meines Taiji-Trainings übe und vertiefe ich für mich alleine, während Partnerübungen, an denen ich eigentlich grosse Freude habe, nur einen relativ kleinen Teil ausmachen. Um mein Training etwas mehr auszugleichen, möchte ich in der kommenden Zeit dem Tuīshǒu (推手) – so werden die Taiji-Partnerübungen eigentlich genannt – wieder etwas mehr „Spiel-Raum“ geben. Wer Tuishou noch nicht kennt und so wie ich auch gerne immer wieder mal neue Bewegungserfahrungen machen möchte, dem kann ich die Internetplattform https://push-hands.com/ wärmstens empfehlen. Viele Tuishou-Trainingsmöglichkeiten in der Schweiz, wie auch im Ausland sind dort zu finden.

Ob „public warm-up’s“, Taiji-Tuishou, Kontaktimprovisation, Tango, Streetdance, Parkour, Bergwandern, Pilze-Sammeln oder was auch immer … Hauptsache Freude am Bewegen! Und wenn man diese dann auch noch mit anderen zusammen teilen kann, machts noch mehr Freude! … weil Freude die Herzen öffnen und miteinander verbinden lässt! 🙂

… und übrigens, PR·SMA Kollektiv wird im Dezember 2023 wieder in Baden zu Gast sein – voraussichtlich auch wieder mit public warm-up’s im schönen Kurpark. Ich freue mich jetzt schon sehr darauf!

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Der weisse Gedankenstrich

Das Denken hat in unserer Kultur einen so grossen Stellenwert, dass ein Zustand des Nicht-Denkens – ausgenommen beim Schlafen – für viele fast undenkbar geworden ist. Zustandsbeschreibungen wie „unbedacht“, „kopflos“, „gedankenverlohren“ sind nicht besonders positiv konotiert. Auch die meist rethorisch gestellte Frage: „Was hast du dir dabei eigentlich gedacht?!“, suggeriert, dass der Gefrage sich durch sein als unzulänglich wahrgenommenes Denken in eine eher unangenehme Situation manövriert hat. Wahrscheinlich hat auch die in den Schulbüchern rege zitierte Aussage des Französischen Philosophen René Descartes: „Ich denke also bin ich“, dazu beigetragen, dass die Abwesenheit des Denkens mit etwas existenziell Bedrohlichem verbunden wird … Zeit für einen Gedankensprung …

An der Fachhochschule Nordwestschweiz (FHNW) in Brugg-Windisch gibt es einen sehr schönen und zur Einkehr einladenden Raum der Stille. Der aufmerksame Besucher wird ein diskretes Kunstwerk bemerken. In weissen Buchstaben steht auf einer etwas weniger weissen Wand der folgende Text geschrieben: „ERKENNEN DEINE GEDANKEN,“.

Was könnte das wohl bedeuten? Wie könnte diese unvollständige Aussage oder Frage weitergehen? Im Rahmen eines Wettbewerb konnten kreative Beiträge eingereicht werden, die dieses Kunstwerk sinnig und originell deuteten. Auch mich hat dieser Satzanfang zu einem kleinen Video-Beitrag inspiriert, in welchem ich mir Fragen zur Erkenntnisfähigkeit von Gedanken und zu gedankenfreiem Sein gestellt habe … und dies u.a. auch mit Grundlagenübungen aus dem Baguazhang (八卦掌) in bewegter Form versinnbildlicht habe. Hier also das Ergebnis 🙂

Zum Titel „Der weisse Gedankenstrich“: In einem Text leitet der Gedankenstrich einen neuen bzw. eingeschobenen Gedanken ein. Doch dort, wo der Gedankenstrich selbst steht, da ist (noch) kein Gedanke. Normalerweise ist der Gedankenstrich schwarz und daher auf weissem Hintergrund gut sichtbar. Ein weisser Gedankenstrich auf einem weissen Blatt Papier oder Bildschirm ist jedoch nicht sichtbar und könnte überall stehen. Überall könnte sich durch ihn ein Schlupfloch zu einem gedankenfreien Raum auftun … in welchem das eigene Sein gedankenfrei erlebt werden kann. Dieser Zustand des Nicht-Denkens sollte meiner Meinung nach nicht als Gegenpol zum Denken aufgefasst werden, sondern vielmehr als eine essenzielle Grundvoraussetzung für das Denken (und noch vieles mehr) verstanden werden. Was meint ihr dazu? Ich freue mich auf eure Gedanken und Anregungen!

Liebe Grüsse und eine schöne Sommerzeit!

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Welt – Taijiquan und Qigong – Tag

Jedes Jahr am letzten Samstag im Monat April findet der Welt – Taijiquan und Qigong – Tag (WTQT) statt. Dann sind alle Taiji- und/oder Qigong Praktizierende auf der ganzen Welt eingeladen, sich draussen im Freien zu treffen und gemeinsam zu üben oder auch eine öffentliche Trainingsstunde zur freien Teilnahme anzubieten. Im deutschsprachigen Raum haben sich dieses Jahr die Berufsverbände für Taiji und Qigong Lehrpersonen aus der Schweiz, aus Deutschland und aus Österreich zusammengeschlossen und auf der Plattform „Vielfalt erleben“ eine Übersicht zu allen öffentlichen Trainingsangeboten am WTQT ihrer Mitglieder aufgeschaltet. Auch ich war an diesem Tag aktiv und habe in Zürich im Platzspitzpark, auf der Wiese vor dem Landesmuseum eine Taiji-Morgenlektion in einer kleinen aber feinen Gruppe mit Teilnehmenden aus Brugg, Baden und Zürich angeboten. Die Stunde verging wie im Fluge! Erfrischt von den belebenden Taiji-Übungen und vom anregenden Austausch untereinander begab ich mich zusammen mit einigen Teilnehmenden zum Utoquai am Zürichsee.

Dort fand am späteren Vormittag ein von der Schweizerischen Gesellschaft für Qigong und Taijiquan (SGQT) ein Qigong flash mob statt, an welchem drei verschiedene Lehrpersonen ihre Qigong Übungen in der versammelten Gruppe anleiteten. Wie ihr auf diesem WTQT-Video erkennen könnt, hatte auch ich die Freude vor der Gruppe zu stehen 🙂 Nach dem Event gab es noch eine Taiji-Gruppe die ihre Langform übte, während sich andere die offerierte Mittagsverpflegung schmecken liessen und sich heiter austauschen. Die Stimmung an diesem öffentlichen Anlass war sehr entspannt und einladend. So sind denn auch einige Passanten stehen geblieben, haben neugierig zugeschaut und zum Teil auch ganz spontan mitgemacht. Ein rundum gelungener Event! Herzlichen Dank an die SGQT für die prima Organisation und tolle Umsetzung!

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„Gut Ding …

… will Weile haben“, so lehrt uns der Volksmund. Auch für Ma Yueliang, ein herausragender Taiji Meister des letzten Jahrhunderts, zählte „Beständigkeit“ (恒 = heng) zu einen der fünf Schlüsselqualitäten für ein gelingendes Üben. Doch Beständigkeit im Üben, was heisst das eigentlich? Immer wieder ertappe ich mich, wie ich meine Kursteilnehmende ermutige, eine regelmässige Übungspraxis aufzunehmen. Dabei tun sie das ja bereits. Sie kommen nämlich 1 x, manche sogar bis zu 4 x pro Woche ins Taiji-Training. Einige wenige schauen nur 1 x pro Monat oder noch seltener in die Taiji-Stunde rein. Das ist zwar nicht so viel, aber immer noch regelmässig. Warum rate ich dann immer wieder den Teilnehmenden ihre eigentlich bereits vorhandene regelmässige Übungspraxis noch weiter auf Zeiträume ausserhalb der Unterrichtszeiten auszudehnen? Wahrscheinlich aus meiner Erfahrung, dass durch das selbstständige Üben …

– das in der Stunde gelernte noch besser verinnerlicht und somit zu etwas Eigenem wird

– viele Fragen auftauchen, die für den eigenen Lernfortschritt förderlich sind

– die Freude an dem, was man alles schon gelernt hat, wächst

– die Eigenverantwortung und Selbstwirksamkeit zunimmt wird

– die Lerninhalte aus dem Kursraum heraus besser in den Alltag integriert werden

– man immer wieder Zeit für sich selbst nehmen und sich Gutes tun kann

Ist denn nun regelmässiges aber seltenes Üben schlecht? Ich finde nicht, denn es ist immer noch besser als gar kein Üben. Auch müssen die äusseren und inneren Gegebenheiten berücksichtigt werden, welche die Möglichkeiten und die Bereitschaft für ein regelmässiges Üben wesentlich mitgestalten.

Neulich musste ich an meine ersten Jahre mit Taiji zurückdenken. Ich hatte bereits die 37er Kurzform gelernt und wollte auch in der 108er Langform sattelfest werden. Ich erinnere mich gut, wie ich jedesmal nach der Doppellektion missmutig nach Hause kam, weil ich immer dieses frustrierende Gefühl vom „Treten an Ort uns Stelle“ hatte. Der Kurs war teuer, die Lehrer qualifiziert … doch im Unterricht vertieften sie sich immer wieder in Detailausführungen zu einzelnen Sequenzen, so dass die Stunde verflog, ohne dass ich die ganze Form – und durch sie auch mich selbst – in einem Bewegungsfluss erleben konnte. Nach einem halben Jahr bin ich aus dem Kurs ausgestiegen. Hätte ich zu Hause mehr üben sollen? Sehr wahrscheinlich schon … doch mit zunehmendem Frust und fehlenden Erfolgserlebnissen hatte ich auch einfach keine Lust mehr dazu. Die Geschichte geht aber noch weiter, …

2007 – Taiji Üben im Park

denn zum guten Glück gab es da den grossartigen Peter! Den gibt es im Übringen immer noch 🙂 Mit Peter zusammen habe ich vor vielen Jahren die Taiji Lehrer Ausbildung absolviert. Schon während unserer Ausbildungszeit haben wir uns regelmässig, was bei uns etwa +/- 1 mal pro Monat heisst, zum gemeinsamen Üben im schönen Rieterpark getroffen. Zugegeben, das ist zwar nicht viel, aber immerhin regelmässig und über all die Jahre hinweg bis heute beständig. Da Peter den Ablauf der 108er Form etwas besser kannte als ich, hatten wir uns jedesmal gemeinsam durch diese lange Taiji-Form irgendwie durchgewurstelt. Bei unklaren Stellen orientierten wir uns an den Ausführungen in Fachbüchern und später dann auch an Video-Aufnahmen, doch bei so grossen zeitlichen Abständen erwies sich bei uns beiden der Lerneffekt als eher marginal und nicht besonders nachhaltig. Habe ich zu Hause diese Taiji-Form geübt? Nein, das habe ich nicht … und ich kann auch gar nicht genau sagen, warum ich das nicht tat. War es denn vielleicht doch stimmig durch diese Langform ein paar mal im Jahr zusammen mit meinem Taiji-Kumpanen zu schwimmen? Das Unvollendete, Brachliegende kann ja auch seinen Reiz haben um Dranzubleiben – Ich erinnere mich gerade dabei, wie ich es als Kind geliebt habe auf Baustellen zu spielen, bis ich eines Tages dabei erwischt wurde … aber das ist dann eine andere Geschichte – Naja, jedenfalls dauerte diese Phase des Dranbleibens an der „Königin der Taiji-Formen“ in zwar regelmässigen, aber doch eher grossen zeitlichen Abständen über 10 Jahre. Trotz der grossen Abstände und der ziemlich flachen Lernkurve sind Peter und ich beständig drangeblieben. Darüber bin ich sehr, sehr froh und dankbar! Ohne dieses Dranbleiben hätte es sehr wahrscheinlich auch nicht den einen Tag gegeben, an welchem der Beschluss in mir heranreifte: „So, und ab heute wird die Langform zu meinem vorrangigen Übungsgefäss.“ Dieser Beschluss kam von tief Innen heraus und war dermassen klar und kraftvoll, dass es danach auch kein Zweifeln oder Ausweichen mehr gab. Ich war ready für die Langform! Mit viel Freude und Fokus übte ich mich in den darauffolgenden Tagen täglich im Ablauf der Choreografie. Wo ich nicht weiterkam, recherchierte ich in der Fachliteratur, studierte Videos und holte mir Rat bei anderen Taiji-Lehrern. Schon nach wenigen Tagen fühlte ich mich viel sicherer in den Bewegungen und in ihrer Reihenfolge, so dass die Form selbst immer mehr zu meiner Lehrerin wurde. Durch sie wurde ich zunehmend mit Inhalten und Übungsaspekten vertraut, die mir vorher im Taiji verborgen geblieben waren. Erst durch das eigene, fast tägliche Üben offenbarten sie sich mir nach und nach. Im Chinesischen gibt es eine treffende Redewendung, in der es heisst: „学成师到“.  Sinngemäss bedeutet das soviel wie: „Erst wenn der Schüler reif ist, tritt auch sein Lehrer in Erscheinung.“ … und bei mir war es dann die 108er Langform.

Reifeprozesse brauchen also ihre Zeit … aber auch ein gewisses Dranbleiben mit einer Art peripherer Aufmerksamkeit, damit der stimmige Zeitpunkt nicht verpasst wird … wie z.B. auch beim Brotbacken! Da gilt es ja auch das Brot nicht zu früh, aber auch nicht zu spät in den Ofen schieben und wieder herauszunehmen.
Fazit: Beständigkeit und Bekömmlichkeit ist eine feine Kombination! 🙂

 

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Herbstblätter

Liebe Taiji-Freunde

Die Temperaturen sind gesunken, der erste Schnee schon gefallen und doch klingen in mir noch die milden Herbsttage nach, mit welchen wir dieses Jahr reich beschenkt wurden. Immer wieder zog es mich hoch zur Buessbergwiese, wo ich die Farbenpracht des Waldes bewunderte und mich vom Windspiel in den Baumkronen verzaubern liess.

Manche Blätter wurden hoch- und herumgewirbelt, andere segelten still und ruhig durch die Luft. Ihren eigenen Landeplatz fanden sie dann alle am Boden. Einfach faszinierend, wie jeder Baum, ja sogar jedes Blatt seine eigene Zeit hat für’s allmähliche Verfärben und  Loslassen. Beim Bestaunen der herunterfallenden Herbstblätter musste ich an den Prozess des Entspannens und Loslassens im Taiji denken.

Die luftig verspielte Akrobatik der fallenden Blätter ist nun in geerdeter Stille zur Ruhe gekommen. Auch jetzt wird man der Herbstblätter gewahr, jedoch weniger aus ästhetischen Gründen, sondern weil sie am Boden liegen und man auf ihnen ausrutschen könnte oder auch indirekt durch das lautstarke Getöse der Laubbläser. Immer seltener ist das rhythmische kratzen der fegenden Reisigbesen zu hören … Spannend, wie aus die Bäume krönender Schönheit dann plötzlich etwas wird, das mit Unfallgefahr oder lärmiger Gartenarbeit verbunden wird. Doch ob in der Baumkrone oder am Boden, eigentlich sind es die gleichen Blätter, einfach in einem anderen Stadium. So braun, klebrig und nass auf der Erde liegend sind sie vielleicht kein Blickfang mehr, dennoch haben sie genau dort ihren guten Grund zum Sein und in der Stille zu wirken: Sie schützen die Wurzeln vor Bodenfrost, bieten wertvollen Lebensraum für Klein- und Kleinsttiere, welche sie zersetzen und so die Erde mit wertvollen Nährstoffen düngen. Diese kommen dann wiederum den Wurzeln nährend zu Gute. So unscheinbar und manchmal auch störend die Blätter am Boden erscheinen mögen, so sind gerade sie für das Wohle der Bäume von grundlegender Bedeutung. Was hat das nun mit Taiji zu tun? Sehr viel. Bei Taiji denken die allermeisten Leute oft an die schönen, geschmeidig fliessenden Bewegungsformen. Nicht selten segeln dabei die Arme – wie vom Wind getragene Herbstblätter – beschwingt durch die Luft.

Stille in der Bewegung - Bewegung in der Stille

Welche Bedeutung den nicht so spektakulären Taiji Grundlagenübungen zur Entwicklung solcher Bewegungsqualitäten zukommt, wird jedoch oft verkannt. „基本功“ = „Ji Ben Gong“ ist das Chinesische Wort für „Grundlagenübungen“. Während das Zeichen „基“ = „Ji“ mit „Grundlage / Basis / Fundament“, und das Zeichen „功“ = „Gong“ mit „Übung / Training / Fertigkeit“ übersetzt werden kann, befindet sich in der Mitte des Chinesischen Wortes noch das Zeichen „本“= „Ben“, dessen Bedeutung im Deutschen Ausdruck „Grundlagenübung“ nicht enthalten ist. „本“ steht für „Wurzel“ und weist piktografisch auf die Wurzelstränge einer Pflanze hin.

Nicht umsonst heisst es bei den alten Meistern: „Trage Sorge zu den Wurzeln und die Blüten und Früchte gedeihen wie von selbst.“ Dies braucht Geduld und Achtsamkeit. Zwei Eigenschaften, die in unserer eher leistungsorientierten Gesellschaft nicht gerade an erster Stelle vermittelt werden. Umso mehr freut es mich, wenn Kursteilnehmende nach ein paar Monaten regelmässigen Taiji-Trainings berichten: „Weisst du, also mit der Taiji-Form läuft’s bei mir zwar noch nicht so ganz rund … das braucht wohl noch etwas Zeit, … aber durch die Grundlagenübungen merke ich, wie meine Bewegungen im Alltag immer lockerer, immer freier werden!“ Dann wirkt Taiji über die formellen Bewegungsübungen hinaus in den eigenen Alltag … was will man mehr?! 🙂

Eine ganz gute und gesunde Winterzeit wünsche ich euch allen!

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Taiji und Qigong beim Bechterew – Mit achtsamer Bewegung zur vertikalen Ausrichtung

Erschienen in „vertical“ – der Zeitschrift der Schweizerischen Vereinigung Morbus Bechterew im November 2021.

Quellenangabe: Nedeljkovic, M. (2021) Taiji und Qigong beim Bechterew – Mit achtsamer Bewegung zur vertikalen Ausrichtung, vertical, 90, 4-17.

Für unser Wohlbefinden ist eine vertikale Ausrichtung von zentraler Bedeutung. Ist alles im Loht, dann ist alles gut. Das ist aber nicht immer der Fall. Kommen wir in eine Schieflage, tun wir gut daran, diese bei Zeiten wahrzunehmen und Wege zurück zu einer entspannten Balance und damit auch wieder zurück zur vertikalen Ausrichtung über der uns tragenden Grundlage zu finden. Zwei Wege, um unser Körperbewusstsein zu verbessern, sind die beiden Bewegungsformen Taiji und Qigong. Worum es sich dabei handelt, welche gesundheitsfördernde Wirkung ein regelmässiges Taiji und Qigong Training entfalten kann, welche Rolle dabei die vertikale Ausrichtung spielt und wie dies insbesondere für Menschen mit Morbus Bechterew von Nutzen sein kann, wird in diesem Schwerpunktartikel erörtert.

Taiji und Qigong – worum geht es dabei?

Wer schon einmal asiatische Länder bereist hat und dort einen Spaziergang durch einen Stadtpark unternommen, oder auch nur schon eine Dokumentationssendung über China geschaut hat, ist bestimmt schon einmal diesen langsamen, harmonisch fliessenden Bewegungsformen der einheimischen Parkbesucher begegnet. Meist in Gruppen finden sich diese bereits früh am Morgen an einem offenen Platz zusammen und beginnen gemeinsam den Tag mit meditativ anmutenden, ruhigen Bewegungsübungen. In der Gruppe still und synchron ausgeführt, mögen solche Bewegungen an das sanfte Wiegen eines Weizenfeldes im Wind, an das ruhige Mäandrieren eines Flusslaufes oder auch an die sich ständig wandelnden, gemächlich vorbeiziehenden Wolkenformationen am Himmel erinnern. Die beruhigende Wirkung dieser achtsamen Bewegungsweise ist selbst für den stillen aussenstehenden Beobachter oft spürbar. Diese beiden aus China stammenden Übungsformen haben viele Gemeinsamkeiten, wohl aber auch charakteristische Unterschiede.

Über Taiji

Taiji, das mancherorts auch als „Tai Chi“ oder auch „Taijiquan“ bezeichnet wird, hat seine Wurzeln in den chinesischen Kampfkünsten. Ursprünglich wurde Taiji nur in engsten Kreisen einzelner Familien-Clans sozusagen hinter verschlossenen Türen als eine besondere Form der Kampfkunst gelehrt. Dabei galt es nicht die harte, auf die eigene Anspannung basierte Muskelkraft zu trainieren, sondern eine achtsam entspannte, geschmeidig resiliente Bewegungsweise zu entwickeln, um sich so möglichst mühelos die Wirkkräfte aus der Umgebung zu Nutze zu machen. Auch heute noch zählen Achtsamkeit, Entspannung und Resilienz zu den wesentlichen Merkmalen von Taiji. Erst mit dem Fokus auf die Gesundheitsförderung verbreitete sich diese sanfte und zugleich kraftvolle Bewegungsform in der breiten Bevölkerung im asiatischen Kulturraum aus. Auch hierzulande entdecken immer mehr Menschen für sich die wohltuende Wirkung von Taiji auf Körper und Geist. Nicht umsonst heisst es in einem Chinesischen Sprichwort: „Wer regelmässig Tai Chi übt, wird geschmeidig wie ein Kind, kräftig wie ein Holzfäller und gelassen wie ein Weiser.“ Die Bedeutung der Schriftzeichen für „Taiji – 太極„ ist gar nicht so leicht ins Deutsche wiederzugeben, ohne dabei auch etwas über die Chinesische Betrachtungsweise zu sagen. Die Zeichen können mit „der höchste Grad“ oder auch mit „der Firstbalken“ übersetzt werden und beziehen sich auf ein Konzept aus dem philosophischen Daoismus. Dabei handelt es sich um ein harmonisches Zusammenwirken von einander entgegengesetzten, zugleich auch einander bedingenden und ergänzenden Qualitäten. So, wie der sinnbildliche Firstbalken die linke und die rechte, die Sonnen- und die Schattenseite eines Daches quasi als „höchster Grad“ miteinander verbindet, so fliessen auch im Taiji komplementäre Bewegungseigenschaften wie rund und gerade, leicht und schwer, weich und fest in der Bewegungsgestaltung zusammen. Durch das Yin-Yang Symbol wird dieses Prinzip des lebendig-runden Zusammenspiels von zwei polaren Wirkkräften besonders gut veranschaulicht.

Das Yin-Yang Symbol steht für das Zusammenspiel zweier polarer Wirkkräfte.

 

Im Verlaufe der Entwicklungsgeschichte von Taiji sind verschiedene Stile mit unterschiedlichen Schwerpunkten entstanden. Allen gemeinsam ist jedoch der Bezug zu den grundlegenden Bewegungsprinzipien, welche in den klassischen Lehrversen vergangener Taiji Meister überliefert wurden. Diesen zufolge soll der Körper möglichst entspannt, aufrecht ausgerichtet und gut geerdet sein. In Interaktion mit den auf ihn wirkenden Kräften soll er sich in seiner Ganzheit ausbalanciert von seiner Mitte aus möglichst mühelos bewegen lassen. Was sich in wenigen Sätzen verdichtet zusammenfassen lässt, darf als eine Einladung für eine längere innere Entdeckungsreise zu mehr Entspannung und Ausgeglichenheit aufgefasst werden. Je nach Schule und Stilrichtung kann ein Taiji-Training nebst lockernden Grundlagenübungen und den fliessend miteinander verbundenen Bewegungsabfolgen einer Solo-Form auch Partnerübungen und das Üben mit Gegenständen und Trainingswaffen beinhalten. In Anbetracht der grossen Vielfallt an Unterrichtsinhalten und auch -stilen, sei allen, die sich für Taiji interessieren und es gerne einmal ausprobieren möchten, der Besuch einer Schnupperstunde bei verschiedenen Anbietern empfohlen.

Über Qigong

Qigong, auch „Qi Gong“ oder „Chi Kung“ geschrieben, umfasst traditionelle Bewegungs-, Atem- und Meditationstechniken, welche sich in China unter daoistischen, buddhistischen und medizinischen Einflüssen über viele Jahrhunderte hinweg entwickelt haben. Insbesondere die Theorien und Prinzipien der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM) bilden im Qigong eine wichtige Grundlage. Zu diesen zählen unter anderem auch das bereits oben erläuterte Yin-Yang Prinzip der sich ergänzenden und ausgleichenden Polaritäten und die Lehre von den energetischen Leitbahnen, den sogenannten Meridianen, über welche alle Vitalpunkte in unserem Körper miteinander verbunden sind. Eine ausführliche Beschreibung der Zusammenhänge von Qigong und der TCM ist in der Vertical-Ausgabe Nr. 19/2004 nachzulesen. [1] Die ruhigen, sich wiederholenden Bewegungsabläufe im Qigong tragen zu innerer Entspannung und Ausgeglichenheit bei und begünstigen somit die Regeneration und den freien Fluss der Vitalkraft (auf Chinesisch „Qi“ = 氣, ausgesprochen „Tschi“) in unserem Körper. Ganz in diesem Sinne kann Qigong mit „Kultivierung der Vitalkraft“ übersetzt werden, wobei das Zeichen für „Gong“ = 功auch für „Arbeit“ und „Fertigkeit“ stehen kann. Das Üben von Qigong lässt sich sehr gut mit dem Bewirtschaften eines Reisfeldes vergleichen. Damit es eine reiche Ernte gibt, bedarf es eines bestellten Feldes, das ausreichend mit Wasser durchflutet wird. Aber auch die Arbeit eines tüchtigen und umsichtigen Bauers darf nicht fehlen. Dieser hält nicht nur die Bewässerungskanäle in Stand, sondern reguliert auch vor zu geschickt die optimale Wasserzufuhr. Die „Ernte“ ist als Sinnbild für unsere Gesundheit zu verstehen, das „Reisfeld“ steht für unseren Körper, das „Wasser“ für die nährende Vitalenergie, welche wir der Atemluft und der Nahrung entnehmen, die möglichst freien „Bewässerungskanäle“ für die durchlässig entspannte, unseren ganzen Körper durchziehende Verbundenheit, und der „Bauer“, der mit allem was er tut und lässt dem Wohlergehen seines Ackers Sorge trägt, das ist der achtsame Qigong-Praktizierende. Auch im Qigong gibt es eine grosse Vielfalt an Stilen und Übungsreihen. In vielen Übungsreihen steht die körperliche Beweglichkeit und Lockerheit im Vordergrund. Bei einigen hingegen wird der Fokus auf die inneren Bewegungen und Rhythmen des Körpers gerichtet, so dass von aussen betrachtet kaum Körperbewegungen auszumachen sind. In anderen wiederum wird der Stimmbildung oder auch der Resonanzerfahrung mit der Natur besondere Aufmerksamkeit geschenkt. Was jedoch allen Qigong Formen gemeinsam ist, ist das Verbinden der drei wesentlichen Komponenten: Bewegung, Atmung und Meditation. Ob auf körperlicher, emotionaler oder geistiger Ebene, alle Formen von Qigong zielen auf einen Zustand des Entspannens und des Loslassens ab, welcher sich von Grund auf positiv auf unser Wohlbefinden auswirkt. Neben Übungen im Gehen und Stehen gibt es im Qigong auch Übungen im Sitzen und Liegen, so dass auch ältere, schwache oder kranke Menschen von der gesundheitsfördernden Wirkung dieser achtsamen Bewegungsform profitieren können.

Gemeinsamkeiten und Unterschiede von Taiji und Qigong auf einen Blick

Beide Methoden werden heute überwiegend zur Gesundheitsförderung vermittelt. Im Taiji können auch Aspekte der Kampfkunst und Selbstverteidigung mitenthalten sein.

  • Für beide Methoden sind gelenksschonende, achtsame und überwiegend langsam ausgeführte Bewegungen charakteristisch. Während beim Qigong kürzere, sich wiederholende Bewegungsabläufe üblich sind, werden im Taiji umfangreichere zusammenhängende Bewegungsabfolgen erlernt, welche je nach Stilrichtung auch dynamische Bewegungssequenzen enthalten können.
  • Bei beiden Methoden sind körperliche Entspannung, strukturelle Ausrichtung, mentale Sammlung und Aufmerksamkeitslenkung von grundlegender Bedeutung. Im Taiji können diese zentralen Aspekte über das Solo-Training hinaus auch mittels Partnerübungen geschult werden, was im Qigong in der Regel nicht der Fall ist.
  • Bei beiden Methoden sind Konzepte der TCM wie komplementäre Polaritäten (Yin und Yang), 
Vitalenergie (Qi), Energiezentren, Leitbahnen (Meridiane) und deren Vitalpunkte vertreten. Bei Qigong stehen diese jedoch stärker im Vordergrund.
  • Beide Methoden haben ihren Ursprung in China. Während Taiji seine Wurzeln in den Kampfkünsten hat, gründet Qigong auf einer langen Tradition meditativer Gesundheitspraktiken. Hierzulande werden beide Bewegungsformen transkulturell und konfessionsneutral vermittelt.
  • Taiji-Lektionen beinhalten in der Regel immer auch Übungselemente aus dem Qigong. Umgekehrt werden in einigen Qigong-Übungsreihen auch einzelne typische Bewegungssequenzen aus dem Taiji entnommen und diese im Sinne einer Qigong-Übung vermittelt.

Gesundheitsfördernde Wirkung von Taiji und Qigong

Wie aus aktuellen wissenschaftlichen Übersichtsarbeiten hervorgeht, ist die Evidenzlage für Taiji und Qigong als zwei wirkungsvolle Massnahmen zur Förderung des Gleichgewichts und der Sturzprophylaxe besonders stark. Mittlerweile liegen auch einige randomisiert kontrollierte klinische Studien vor, deren Ergebnisse aufzeigen, dass Taiji und Qigong den Behandlungsverlauf bei Patienten mit Herz-Kreislauferkrankungen, Depressionen, chronisch obstruktiven Atemwegserkrankungen und Krebserkrankungen begünstigen. Auch bei Patienten nach einem Hirnschlag, bei Parkinson-Patienten, sowie auch bei Patienten mit chronischen Rückenschmerzen konnten infolge eines regelmässigen Taiji bzw. Qigong Trainings signifikante Symptomreduktionen verbunden mit einer deutlich Zunahme an Mobilität und Lebensqualität festgestellt werden. [2, 3] Neben dem breiten klinischen Wirkspektrum ist hervorzuheben, dass es sich bei Taiji und Qigong um zwei nichtinvasive, nebenwirkungsarme und die eigene Selbstwirksamkeit fördernde Bewegungsformen handelt, deren Potential im Bereich der Krankheitsprävention besonders gross ist. Dafür sprechen auch diverse Forschungsarbeiten, in welchen bei den untersuchten Taiji und Qigong Praktizierenden eine deutliche Verbesserung der Schlafqualität und eine signifikante Verminderung der psychischen und biologischen Stressreaktivität beobachtet wurden. [4]

Wie wirken Taiji und Qigong?

Ungleich wie bei einem Medikament, lässt sich die Wirkweise dieser beiden Bewegungsformen nicht über einen spezifischen Wirkstoff erklären. Vielmehr gründen die gesundheitsfördernden Effekte von Taiji und Qigong auf einer facettenreichen, synergistisch wirkenden Komponentenvielfalt. Diese beinhaltet nebst den Wirkfaktoren auf der muskuloskeletalen Ebene auch salutogene Aspekte der Atmung, der Achtsamkeit, der Vorstellungskraft, der Berührung, der sozialen Interaktion und des Trainingssettings. [5] So hat beispielsweise auf körperlicher Ebene die für Taiji und Qigong charakteristische langsame Bewegungsweise eine die Gelenke schonend mobilisierende und das Gleichgewicht fördernde Wirkung. Gleichzeitig entsteht durch das langsame Ausführen der Bewegungen ein grösserer Wahrnehmungsraum, in welchem die eigenen Körperempfindungen wie Muskel(ent)spannung, Gelenksdehnung und natürlich auch die vertikale Ausrichtung achtsam wahrgenommen und in einem immer freier werdenden Bewegungsfluss bewusst integriert werden können. Auch die Atmung wird durch diese entspannende Entschleunigung auf natürliche Art und Weise langsamer und tiefer. Nach und nach können sich so die Atembewegungen über den Brustkorb und den Unterbauch hinaus im ganzen Körper bemerkbar machen. Eine solche Atmung kann ihrerseits wiederum die Funktionsweise des vegetativen Nervensystems spannungsausgleichend unterstützen und infolge dessen wesentlich zur Optimierung von weiteren Vitalfunktionen wie zum Beispiel der Herztätigkeit, des Blutdrucks und der Thermoregulation beitragen. Im Taiji und Qigong verbinden die langsamen Körperbewegungen, zu welchen auch das Atmen zählt, Aktivität mit Entspannung und Entspannung mit Aktivität. Über die körperliche Ebene hinaus ist dies auch einer ausgeglichenen Gemütslage zuträglich, welche wiederum grundlegend für ein achtsameres Präsentsein im Augenblick ist. Typisch für den Taiji und Qigong Unterricht sind auch bildhafte Bewegungsanleitungen mit Metaphern aus der Natur wie z.B. bei der Benennung der einzelnen Bewegungssequenzen „Der Kranich lüftet seine Schwingen.“ oder „Die Hände lassen sich wie Wolken am Himmel bewegen“. Durch das Vergegenwärtigen und zunehmende Verkörpern von naturbezogenen Bewegungsqualitäten können nicht nur kraftvoll entspannte Resonanzerfahrungen entstehen, sondern auch das eigene Bewegungserleben kreativ bereichert und freudvoll angeregt werden. Berührung, als ein weiterer Wirkfaktor, kommt insbesondere im Qigong oft in Form von spannungslösender und durchblutungsfördernder Selbstmassage zur Geltung. Dabei werden gut erreichbare Vitalpunkte und Meridianverläufe abgeklopft, massiert und abgestreift. Bei den Taiji-Partnerübungen kann auf achtsame Art und Weise ein ergonomischer Umgang mit Zug- und Druckkräften geschult werden, wodurch nebst Beweglichkeit und Standsicherheit vor allem auch die Selbstwahrnehmung verbessert wird. Zusätzlich zu den bisher aufgeführten spezifischen Wirkkomponenten kommen im Taiji und Qigong, genau so wie dies auch bei anderen Bewegungsformen der Fall ist, auch unspezifische Wirkfaktoren zum Tragen. So können die eigene Erwartungshaltung, die in der Kursgruppe erfahrene soziale Unterstützung oder auch das angenehme Ambiente im Kursraum ebenfalls nicht nur zur Verbesserung des eigenen Wohlbefindens, sondern auch zur Entwicklung und Aufrechterhaltung einer regelmässigen Übungspraxis massgeblich beitragen. [5]

Die Bedeutung der vertikalen Ausrichtung im Taiji und Qigong

Die bei uns gängigen Redensarten wie „einsame Spitze“, „das Tüpfchen auf dem ‚i’ “ oder auch „Kopf hoch“ vergegenwärtigen, dass im westlichen Kulturraum die vertikale Ausrichtung hauptsächlich eine „Haupt-Sache“ ist, die mit einer Erweiterung nach oben hin assoziiert ist, denn „alles Gute kommt von oben“. Im Taiji und Qigong ist der Schwerpunkt etwas anders gelagert. Da geht es in erster Linie um die Ausdehnung nach unten. Indem der Erdanziehungskraft folgend durch den Körper hindurch nach unten hin entspannt wird, entsteht in den Füssen, den Beinen und im Becken ein gut geerdeter und tragender Bodenkontakt. Bleibt der Kopf dabei über dem Scheitelpunkt ruhig im Raum positioniert, so erfährt die Wirbelsäule durch die nach unten hin sich setzende Bewegung des Beckens eine passive Dehnung in vertikaler Ausrichtung. Treffend wird dies durch das erste Schriftzeichen von Taiji, dem Zeichen „Tai – 太“, dass mit „höchst, äusserst, mega“ übersetzt werden kann, veranschaulicht. Als Piktogramm betrachtet, stellt es einen Menschen (人 = Ren) dar, der gross ist (大 = Da) und sich, damit er über sich hinaus wachsen kann, nach unten hin mit der Erde verbindet (太 = Tai). In dem Masse, wie es uns gelingt alles Schwere, Angespannte und Belastende nach unten hin lösend setzen zu lassen, kann in der Folge auch ein entsprechender Entfaltungsraum für eine aufsteigende Leichtigkeit entstehen. Nicht umsonst heisst es den alten Meistern zufolge: „Wässere die Wurzeln und die Blüten und Früchte gedeihen von alleine.“ Dass das Schwere unten und das Leichte oben seinen Platz hat, darauf weist auch das erste Schriftzeichen von Qigong, das Zeichen für Vitalkraft „Qi – 氣“, hin. Mit der unteren Komponente für Reiss (米 = Mi) und der oberen Komponente für Luft (气 = Qi), stellt es als Piktogramm den aufsteigenden Dampf über einem Reisstopf dar, ein Wohlgeruch, der in die Nase steigt, den Appetit anregt und so manch Einem ganz spontan ein genüssliches „Mmmm!“ entlockt. Genau dann kann eine natürliche, sanft aufrollende Aufrichtung der Wirbelsäule gefolgt von einer mühelosen Weitung des Brustraumes und einem zufriedenen Lächeln im Gesicht beobachtet werden. Die vertikale Ausrichtung im Taiji und Qigong erfolgt stets durch ein Loslassen hin zum tragenden Boden. Von diesem aus können dann Stützkräfte durch einen durchlässig entspannten, ausbalancierten Köper wirkungsvoll hochsteigen. Fazit: Alles Gute kommt also nicht nur von oben sondern auch von unten.

 

Taiji und Qigong bei Morbus Bechterew

Ein erster Erfahrungsbericht zur symptomlindernden Wirkung von Taiji bei Morbus Bechterew wurde 1982 in einer wissenschaftlichen Fachzeitschrift veröffentlicht. In diesem wird insbesondere die Bedeutung einer regelmässigen und kontinuierlichen Übungspraxis betont. Der Autor berichtete, dass er bei sich nach 6 monatigem Taiji-Training eine Zunahme an Muskelkraft, eine grössere Standsicherheit, eine verbesserte Entspannungsfähigkeit und Schlafqualität, eine Verminderung seines Blutdrucks, sowie eine graduelle Schmerzreduktion feststellte. Diese Veränderungen erlaubten es ihm seine Schmerzmedikation zu reduzieren. [6] Erst ganze 25 Jahre später wurde die erste und bisher einzige randomisiert kontrollierte klinische Studie über die Wirkung von Taiji bei Morbus Bechterew Betroffenen publiziert. Alle Studienteilnehmende hatten ihre übliche Behandlung während der Laufzeit der Studie fortgesetzt. Die Teilnehmenden in der Interventionsgruppe besuchten während zwei Monaten 2 x pro Woche einen Taiji-Kurs. Die zur Kontrollgruppe zugeteilten Personen wurden gebeten ihre bisherige Lebensweise möglichst unverändert weiterzuführen. Die Ergebnisse zeigten eine signifikante Verringerung der Krankheitsaktivität, im Sinne einer Abnahme von Müdigkeit, Gelenksschmerzen und Schmerzen in der Wirbelsäule, sowie einer kürzeren Dauer und geringeren Intensität der Morgensteifigkeit in der Taiji-Gruppe im Vergleich zur passiven Kontrollgruppe. Ausserdem ergaben Messungen zur Beweglichkeit der Wirbelsäule, dass diese bei den Taiji-Praktizierenden im Gruppenvergleich signifikant zugenommen hatte. Bezüglich Symptomlage zur Depressivität wurden keine Gruppenunterschiede festgestellt. [7] Die Wirkung von Qigong bei Morbus Bechterew Patienten wurde erstmals 2019 in einer randomisiert kontrollierten Studie dokumentiert. Teilnehmende der Interventionsgruppe besuchten während eines Monats 2 x pro Woche einen Qigong-Kurs und verpflichteten sich während den nachfolgenden zwei Monaten mindestens 3 x wöchentlich selbständig weiter zu üben. Im Vergleich zur passiven Kontrollgruppe konnte bei der Qigong-Gruppe eine signifikante Abnahme von Müdigkeit, sowie eine signifikant verminderte Dauer und Intensität der Morgensteifigkeit gemessen werden. Es konnten jedoch keine Gruppenunterschiede betreffend krankheitsbedingten funktionellen Einschränkungen, Beweglichkeit und Schmerzen in der Wirbelsäule und in den Gelenken beobachtet werden. [8] Die Autoren beider Studien heben die vielversprechenden Befunde hervor, welche eine Verminderung der Krankheitsaktivität durch Taiji und Qigong nahelegen. Kritisch zu beachten sind jedoch methodische Einschränkungen bei beiden Studien wie zum Beispiel die kleine Stichprobengrösse, das Fehlen von biometrischen Messwerten und die relativ kurze Interventionsdauer. Um aus wissenschaftlicher Sicht klarere Aussagen über die Wirksamkeit von Taiji und Qigong bei Morbus Bechterew Patienten machen zu können, bedarf es umfangreicherer, methodisch elaborierterer Forschungsarbeiten vorzugsweise mit Langzeitverlaufsmessungen. Wer nicht auf diese warten mag und stattdessen eigene erste Erfahrungen mit Taiji und / oder Qigong machen möchte, findet auf der Webseite der Schweizerischen Gesellschaft für Qigong und Taijiquan (SGQT) www.sgqt.ch Adressen der vom Berufsverband anerkannten und in der Schweiz tätigen Lehrpersonen für Taiji und Qigong. Einen ersten praktischen Eindruck kann auch die nachfolgend beschriebene Grundlagenübung vermitteln, welcher man sowohl in einer Qigong- als auch in einer Taiji-Stunde begegnen kann.

Von der Theorie zur Praxis – Die Schalenübung 

Bei dieser Grundlagenübung stehen wir in einem schulterbreiten Parallelstand. Wir stellen uns vor, dass wir in einem Handteller eine Reisschale haben (Abb. 1) und diese so kreisen, dass deren Inhalt nicht ausgeschüttet wird (Abb. 1 – Abb. 8). Wir führen die Schale unter der Achselhöhle vorbei (Abb. 2) seitlich nach aussen (Abb. 3) und winden sie spiralig nach vorne aufwärts (Abb. 4). Oben kreist die Schale einmal um den Kopf (Abb. 4 – Abb. 6). Dann lassen wir sie durch ein entspanntes Setzenlassen des Schulter- und Ellenbogengelenkes wieder spiralig nach unten zurück in die Ausgangsposition gleiten (Abb. 5 – Abb. 8). Pro Seite ca. 10 bis 20 mal kreisen.

Hinweis: Die vertikale Drehachse durch unsere Körpermitte bleibt möglichst gerade und zentriert – so als ob auf unserem Kopf eine weitere Schale liegen würde. Rumpf und Schultern lassen sich während der ganzen Übung möglichst locker und entspannt vom Becken tragen. So wird der Oberkörper für den durch das Becken hochsteigenden Bewegungsfluss immer durchlässiger.

Varianten: a) Die Schale anstatt über dem Kopf nur vor der Brust kreisen lassen; b) Die Schalenübung beidhändig ausführen und abwechselnd mal die rechte, mal die linke Hand kreisen lassen oder c) mit beiden Händen gleichzeitig ausführen; d) die Schalenübung auf einem Bein stehend ausführen; e) die Schalenübung beim langsamen Gehen ausführen; f) alle Variationen mit rückläufigen oder auch gegenläufigen Armbewegungen ausführen; g) kreativ sein und eigene Variationen erfinden … der Rumpf bleibt jedoch immer über dem Becken möglichst entspannt, zentriert und vertikal ausgerichtet.

 

Quellenverzeichnis

  1. Li, Y. & Rigter, K. (2004). Taijiquan, Qigong und Morbus Bechterew. Vertical, 19, 4-8.
  2. Klein, P. J., Baumgarden, J. & Schneider, R. (2019). Qigong and Tai Chi as therapeutic exercise: Survey of systematic reviews and meta-analyses addressing physical health conditions. Alternative Therapies, 25 (5), 48-53.
  3. Easwaran, K. et al. (2020). Effectiveness of Tai Chi for health promotion for adults with health conditions: A scoping review of meta-analyses. Disability and Rehabilitation, doi:10.1080/09638288.2020.1725916.
  4. Nedeljkovic, M. & Gemperli-Link, B. (2020). Welchen Beitrag können die Chinesischen Bewegungskünste Qigong und Taijiquan zur Gesundheitsförderung leisten? Informationsdokument abrufbar unter www.sgqt.ch.
  5. Wayne, P. M. & Kaptchuk, T. J. (2008). Challenges inherent to T’ai Chi research: part I – T’ai Chi as a complex multicomponent intervention. Journal of Alternative and Complementary Medicine, 14, 95- 102.
  6. Koh, T. C. (1982). Tai Chi and ankylosing spondylitis – a personal experience. American Journal of Chinese Medicine, 10, 59-61.
  7. Lee, E. N. et al. (2008). Tai Chi for disease activity and flexibility in patients with ankylosing spondylitis – a controlled clinical trial. Evidence Based Complementary and Alternative Medicine, 5 (4), 457-462.
  8. Xie, Y. et al. (2019). A 12-week Baduanjin Qigong exercise improves symptoms of ankylosing spondylitis: A randomized controlled trial. Complementary Therapies in Clinical Practice, 36, 113-119.

 

Über den Autor

Dr. phil. Marko Nedeljković hat an der Universität Zürich klinische Psychologie und Sinologie studiert und an der Universität Bern zum Thema „Taiji und Stressprotektion“ promoviert. Seit über 20 Jahren übt er Taiji und Qigong aus und ist ein von der Schweizerischen Gesellschaft für Taiji und Qigong (SGQT) anerkannter Taiji Ausbildner und Qigong Lehrer. Für ihn sind diese beiden Bewegungskünste zu einem wunderbaren Weg zur Kultivierung von innerer Kraft, Klarheit und Ausgeglichenheit geworden, den er mit viel Freude und grosser Sorgfalt mit allen an gesunder Bewegung interessierten Menschen teilt. Er unterrichtet in verschiedenen Institutionen im Gesundheits- und Bildungswesen und bietet auch eigene Kurse und Weiterbildungsseminare in Baden, Brugg und in den Bergen an. Weitere Informationen sind seiner Webseite www.space2be.ch zu entnehmen.

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